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Fünf Fragen an Claudia Fugazza

„Do as I do“ basiert auf sozialem Lernen. Sind Hunde die diese Methode beherrschen schlauer oder sozial kompetenter als andere?

Nein. Alle Hunde besitzen die Fähigkeit, Verhaltensweisen nachzuahmen. Bei der „Do as I do“-Methode bringen wir diese Fähigkeit lediglich unter Signalkontrolle. Die Hunde lernen also, auf unsere Aufforderung hin unser Verhalten nachzuahmen. Diese Methode eignet sich nicht für alles, was ein Hund lernen soll. Nicht Jagen zu gehen, an lockerer Leine zu laufen oder auch zu kommen, wenn gerufen wird, können wir einem Hund mit „Do as I do“ nicht beibringen, weil wir es ihm nicht vormachen können. Die Methode eignet sich vor allem für die Ausbildung von Hunden, die für komplexe Aufgaben trainiert werden, wie beispielsweise Assistenzhunde.

Es gibt Studien, die belegen, dass schon ein Lächeln eine Belohnung sein kann. Was kann soziales Lernen im Hundealltag noch leisten?

Stimmt. Hunde können unseren Gemütszustand interpretieren und zumindest auf einige unserer Emotionen reagieren. Schon im Alter von acht Wochen können Welpen einen sozialen Bezug zu ihren Haltenden herstellen. Das ist ein sozialer Lernprozess: Hunde lernen neue Situationen positiv oder negativ zu bewerten, indem sie die emotionalen Hinweise der Haltenden beobachten. Gerade im Welpentraining lernen Haltende oft, dass Welpen sozialisiert werden sollen und unterschiedliche Orte und Situationen kennenlernen sollen, um sicher und entspannt damit umgehen zu können. Das stimmt, aber damit ist es nicht getan. Als wichtige Sozialpartner müssen Haltende einem Welpen in diesen Situationen auch das Gefühl von Sicherheit und Entspanntheit vermitteln. Das gilt natürlich auch für erwachsene Hunde, für Welpen jedoch ist das besonders wichtig. Denn im Welpenalter verankern sich Situationen und die damit verbundenen Gefühle sehr stark im Gedächtnis. Deshalb reagieren viele Hunde auch später in ähnlichen Situationen oft aus dieser Erinnerung heraus.

Du arbeitest und forschst im „Family Dog Project“. Was steht dort als Nächstes auf deiner To-Do-Liste?

Eine ganze Menge, meine To-Do-Liste ist sehr lang (lacht). Jeder Studie liegt ja eine Forschungsfrage zugrunde. Wenn du Glück hast oder sehr gut bist – oder am besten beides –, können die Ergebnisse der Studie diese Frage beantworten. Das Problem ist, das jede beantwortete Frage fünf neue Fragen aufwirft, für deren Beantwortung es nicht immer genug Zeit, finanzielle Mittel, Forscher*innen oder auch Hunde gibt, um die entsprechenden Studien durchführen zu können.

Im Moment zum Beispiel arbeite ich an einem Projekt, das nennt sich „Genius Dog Challenge“. Dort haben wir herausgefunden, dass nur sehr wenige Hunde die Namen von Objekten lernen können. Die Hunde in der Challenge werden nicht trainiert, sie lernen diese Namen praktisch von selbst. Wir wollen herausfinden, warum das so ist und was Hunde, die das können, von anderen Hunden unterscheidet. Für dieses Projekt sind wir noch auf der Suche nach Hunden, die diese Fähigkeit haben. Wer so einen Hund zu Hause hat, kann sich also sehr gerne über die Website der Genius Dog Challenge an uns wenden.

Woher kommt deine Faszination für Hunde?

Meine Eltern hatten schon Hunde, als ich geboren wurde, es waren Deutsche Schäferhunde. Die waren von Anfang an immer um mich, vor allem der Rüde hat meine Wiege bewacht und mich bei meinen ersten Schritten gestützt. Später hatten wir auch Welpen, die haben mich ganz besonders fasziniert und ich habe den ganzen Tag mit ihnen verbracht. Ich habe es schon immer geliebt, meine Zeit mit Hunden zu verbringen.

In Mexico, wo du unter anderem lebst, gibt es sehr viele frei lebende Hunde. Hat das einen Einfluss auf deinen Zugang zu Hunden?

Es hat die Art und Weise verändert, wie ich Hunde sehe. Und es hat mir viel darüber gezeigt, wie Hunde von sich aus leben und lernen. Es ist nicht so, dass sie wahnsinnig aufregende Sachen machen würden. Eigentlich schlafen sie die meiste Zeit. Aber sie haben die Freiheit selbst zu entscheiden, was sie tun wollen und mit wem sie zusammen sein möchten. Wo ich lebe, haben die meisten Hunde ein Zuhause und damit Bezugspersonen. Aber sie können kommen und gehen wie sie wollen. Sie besuchen gerne Freunde, das können Hunde- und Menschenfreunde sein. Und das nicht unbedingt für Futter, sondern meistens einfach wegen der sozialen Interaktion. Diese Hunde lernen übrigens auch voneinander. Sie lernen von anderen Hunden, wie sie sich verhalten müssen, damit sie gut zusammen leben zu können. Dadurch haben sie häufig sehr, sehr gute soziale Fähigkeiten.


Über das Family Dog Project

Das „Family Dog Project“ wurde 1994 an der Fakultät für Ethologie der Eötvös Universität in Budapest gegründet. Das Projekt widmet sich der Erforschung der kognitiven Aspekte und von Verhalten in einer Mensch-Hund-Beziehung. Gegenwärtig istdas „Family Dog Project“ die größte Hundeforschungsgruppe der Welt mit über 100 wissenschaftlich anerkannten Publikationen. familydogproject.elte.hu


Dr. Claudia Fugazza, PhD

ist Ethologin (Verhaltensforscherin) im Team von Prof. Adam Miklosi an der Eötvös Loránd Universität in Budapest. Die von ihr entwickelte „Do as I do“-Methode findet sowohl im Hundetraining als auch in ihrer Forschungsarbeit über soziale kognitive und nachahmende Fähigkeiten von Familienhunden Anwendung. Ihr Buch „DO AS I DO - Il cane impara guardandoci“ erschien bei Haqihana im Original auf Italienisch und wurde bereits in mehrere Sprachen übersetzt.

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